Hier, Wanderer, 2020
Multimedia-Installation
Diploma/Diplom February 2020,
composed picture (iPad-screenshot)
Hier, Wanderer, 2020
Multimedia-Installation
Diploma/Diplom February 2020
Installation view @ Akademie der
Bildenden Künste München
Hier, Wanderer, 2020
Multimedia-Installation
Diploma/Diplom February 2020
Installation view @ Akademie der
Bildenden Künste München
Hier, Wanderer, 2020
Multimedia-Installation (Modell)
Diplomarbeit im Februar 2020
Klasse Prof. Olaf Nicolai
Raum A.EG_19
Der Arbeit Hier, Wanderer liegen Aspekte der Landschaftsmalerei des flämischen Künstlers Joachim Patinir, einem Landschaftsspezialisten des frühen 16. Jahrhunderts und Begründer der Gattung Weltlandschaft zugrunde. Seinem Werk Maria mit schlafendem Kind in einer Landschaft, von 1520 sind Kompositionsschemata, landschaftliche Raumelemente und Konstruktionsprinzipien entlehnt und der Arbeit angeeignet.
Formale Kennzeichen des von Patinir entwickelten Landschaftstypen sind die großen Variationen der Naturelemente, die randabfallenden Kompositionen die Kontinuität
erzeugen und auf das Dahinterliegende verweisen.
Nach gängigen Definitionen bedient der Begriff Weltlandschaft u.a. die Idee einer Gesamtheit, einer Totalität oder einen enzyklopädischen Ansatz und hat zudem
in seinem Ordnungsanspruch auch ein strukturalistisches Merkmal. Joachim Patinir konzipiert außerdem in seinen Gemälden durch Addition mehrerer Teileinheiten einen
visuell einfach erfahrbaren Naturraum, wenn er beispielsweise die Hydrosphäre in einem Bogen vom kleinen Teich, zum Fluß, zum See, zum Meer und zum Himmel nachzeichnet.
An diese Beobachtung angelehnt, ist die in der Installation erzeugte Bildschleife aus analoger und digitaler, emittierter und absorbierter Bildinformation.
Das Modell in einer studioartigen Arbeitssituation zeigt Teile und Spuren von Landschaft.
Die einzelnen Landschaftsgegenstände fügen sich auf dem Screen eines Tablets zu einem komponierten Bild zusammen. In der Arbeit dient das Landschaftsmodell als bildgebende Simulation als sog. Simulacrum.
Im Sinne des französischen Philosophen Roland Barthes kann das ausgestellte Modell
als eine Art „Erkenntnisinstrument“1 gesehen werden, das seinen produzierten Bildgegenstand (Sichtbar auf dem Screen) durch Selektion und Neukombination wieder
rekonstituiert. Die Fragmentierung und Strukturierung des Bildgegenstands in der atomistischen Wahrnehmbarkeit des Modells (Simulacrum) gibt Möglichkeit zur „Einsicht“ und Wahrheitsfindung. Die Installation dient so in ihrer Anordnung einer kritischen
Befragung des (digitalen) Bildes.
„Das Ziel jeder strukturalistischen Tätigkeit besteht darin, ein ‚Objekt‘ derart zu rekonstituieren, daß in dieser Rekonstitution zutage tritt, nach welchen Regeln es funktioniert (welches seine ‚Funktionen‘ sind). Die Struktur ist in Wahrheit also nur ein simulacrum des Objekts, aber ein gezieltes, ‚interessiertes‘ Simulacrum, da das imitierende Objekt etwas zum Vorschein bringt, das im natürlichen Objekt unsichtbar oder, wenn man lieber will, unverständlich blieb.“ 2
1,2Roland Barthes: Die strukturalistische Tätigkeit. In: Kursbuch,5.Mai, 1966
Joachim Patinir, 1520
Maria mit schlafendem Kind in einer Landschaft
Öl auf Pappelholz
0110011. Digitale Landschaft
Die Arbeiten zum Werkkomplex „0110011.“ entstanden in der Auseinandersetzung mit dem Thema Landschaft, insbesondere der Digitalen Landschaft (Landscape-ism, 2016) und ihrer Weiterentwicklung.
Besonderes Interesse gilt in den aktuellen Arbeiten auch der
perspektivischen Darstellung im Abbild von Landschaft.
Ausgangspunkt ist die dreiteilige Arbeit, „Die Schlacht von San Romano“ (1435-1460), des italienischen Malers Paolo Ucello, (italienische Frührenaissance) einem Erneuerer und Visionär der Perspektive und des Fluchtpunkts in der italienischen Frührenaissance.
Zu diesem Triptychon Ucello's wurde ein Modell aus Holz, Styrodur und Gips angefertigt , das als Basis für weitere Arbeitsabläufe und Experimente diente. Unter anderem entstanden mehrere
Fotoserien, darunter eine, die mit der Panoramafunktion des iPhone produziert wurde. Diese Fotofunktion wurde bewusst „falsch“ angewendet um daraus entstehende Bildfehler und Verzerrungen für die
Arbeiten nutzbar zu machen.
In zwei der drei Tafelbildern „Die Schlacht von San Romano“ zeigt P.Ucello simultane Darstellungen, also dieselbe Figur zweimal im gleichen Bild. Die Figur ist links seitlich, dann im Verlauf
nach Rechts um 90° Grad gedreht, zu sehen. So geht im gleichen Bild die Wendung des Schlachtverlaufs mit der Wendung des Bildraumes einher.
Auf ähnliche Weise wurde die „falsche Verwendung“ der iPhone-Panoramafunktion am Modell benutzt, um diesen besonderen Aspekt zu übersetzten und eine multiperspektivische Landschaft zu
erzeugen.
D.Schüßler, 2018
0110011-1, 2018
60 x 120 cm,
Digital FineArt Print on
Hahnemühle Photorag/matt
on 3mm Dibond, Spraypaint
Paolo Ucello - The Battle of San Romano (1435-1460)
egg tempera with walnut oil / linseed oil on poplarwood
182 x 320cm